Hessen ist hier in vielfältiger Weise betroffen. In den niederschlagsreichen Mittelgebirgen kann es durch die Geländecharakteristik auch in kleineren Einzugsgebieten zu Sturzfluten kommen. Hochwassergefahren in sehr großen (Rhein) und mittleren (Main) hessischen Einzugsgebieten sind ebenso zu berücksichtigen. Hierbei stellt das Rhein-Main-Gebiet wegen der Kombination von dichter Besiedlung und zunehmender Hochwassergefahr eine besonders betroffene Region dar.
Eine der zentralen Aufgaben der Daseinsvorsorge ist die Bereitstellung von Trinkwasser. Nach heutigen Erkenntnissen sind Haushalte und Industrie diesbezüglich durch den Klimawandel kaum betroffen. Anders sieht es aus der Perspektive der Landwirtschaft aus. Hier ist durch den Klimawandel mit einer zunehmenden landwirtschaftlichen Bewässerung zu rechnen. Übernutzung droht dabei nicht durch die Reduktion der Verfügbarkeit sondern durch eine nicht nachhaltige Entnahme. Daher besteht Handlungsbedarf, um den Bewässerungsbedarf der Landwirtschaft aus Grundwasserressourcen zu verringern. Probleme der Abwasserentsorgung sind eng mit den Auswirkungen von Starkniederschlags-ereignissen verbunden, da die Kanalisation neben den Abwässern aus Gewerbe und Haushalten auch den Regenwasserabfluss bewältigen muss. Dies kann zu Überschwemmungen im Straßenraum führen, wenn die Kapazität des Kanalsystems überschritten wird. Eine Verschmutzung von Oberflächengewässern droht, wenn die anfallende Abwassermenge die Kapazitätsgrenze der Klärwerke überschreitet und ein Teil des Abwassers direkt eingeleitet werden muss. Beide Phänomene treten auch heute bereits gelegentlich auf und sind nicht vollständig zu vermeiden. Eine mögliche Zielvorgabe im Kontext von Klimaanpassungsmaßnahmen ist nun, den bestehenden Entwässerungskomfort auch unter zukünftigen Bedingungen zu halten. Forschungen zum Klimawandel zeigen klar, dass in Hessen ein Anstieg der Häufigkeit intensiver Niederschläge zu verzeichnen sein wird. Das bedeutet, dass Anlagen, die unter den heutigen Bedingungen den gewünschten Entwässerungskomfort gewährleisten, dies in Zukunft nicht mehr tun werden. Da die entsprechende technische Infrastruktur Lebensdauern von mehr als 50 Jahren hat, sollten alle Neubauten und Renovierungen an zukünftigen Niederschlägen bemessen werden.
Ein weiteres Handlungsfeld sind Hochwasserereignisse an Flüssen und Bächen. Neueste Modellrechnungen zeigen, dass in einigen Regionen Hessens klimawandelbedingt mit einer deutlichen Zunahme derartiger Hochwasserschäden zu rechnen ist, die für das gesamte Bundesland auf eine Verdopplung der derzeitigen jährlichen Schäden bis 2050 hinauslaufen. Für den Rhein ergibt sich eine Zunahme sowohl von Hoch- als auch von Niedrigwasserereignissen durch den zu erwartenden Klimawandel. Um Hochwasserschäden zu vermeiden und auch um den Betrieb der Binnenschifffahrt zu sichern, muss in Hessen zukünftig auch eine Anpassung des Hochwasserschutzes erfolgen.
Klimaanpassungsmaßnahmen Wasserhaushalt, Hochwasser, Wasserwirtschaft
Für Hessen besteht ein Anpassungsschwerpunkt in der Wasserentsorgung, da die derzeitige Infrastruktur die zu erwartenden vermehrten Starkregenereignisse nicht mehr bewältigen kann. Die dadurch nötigen Kanalentlastungsereignisse haben negative Folgen für die Qualität der Oberflächengewässer.
Ebenfalls mit vermehrten Starkregen-ereignissen verknüpft ist das Ziel, den gegenwärtigen Entwässerungskomfort in den Siedlungsgebieten künftig aufrechtzuerhalten.
Auch die Zunahme von Flussüberschwemmungen ist in etlichen Einzugsgebieten zu erwarten und erfordert hier die Verbesserung technischer Maßnahmen zum Hochwasserschutz und die Anpassung der Planungsgrundlagen an die zu erwartende Änderung des Hochwasserregimes.
Prioritäre Maßnahmen – Umsetzungsbeginn bis 2019
Einbau von Rückstauklappen für Gebäudeanschlüsse zum Schutz vor Starkregenereignissen
Die im Zuge des Klimawandels intensiveren Starkniederschlagsereignisse werden zu häufigeren Überflutungen führen. Das Land Hessen eruiert, welche Abwasserentsorgungsunternehmen in Hessen den Einbau von Rückstauklappen für alle Gebäudeanschlüsse noch nicht verbindlich vorschreiben und prüft wie entsprechende Satzungsänderungen vorangetrieben werden können.
Weitere Maßnahmen
Anpassung der Abwasserreinigung an häufigere Starkregenereignisse und Überflutungen
Mit Maßnahmen zur dezentralen Regenwasserbewirtschaftung lassen sich Entlastungsereignisse aus der Misch-kanalisation vermeiden, da der Zufluss von Niederschlagswasser in das Kanalnetz verringert wird. Wo Abwasserbehandlungsanlagen Flusshochwässern ausgesetzt sein können, ist dies zu untersuchen und gegebenenfalls sind Nachrüstungen erforderlich.
Ausbau des Trinkbrunnennetzes in urbanen Räumen
Häufiger werdende Hitzeereignisse steigern die Belastung für die Bevölkerung. In urbanen Räumen wird dies noch durch den urbanen Hitzeinzeleffekt verstärkt. Die Schaffung neuer Trinkbrunnen als eine leicht zugängliche Trinkwasserversorgung bei Hitze kann hier Erleichterung schaffen und wird durch das Land Hessen gefördert.
Installation von Hochwasserschiebern in der Kanalisation
Um die Gefahr durch Hochwasserüberflutungen aus den Kanalsystemen zu verhindern, kann die Installation von Hochwasserschiebern (z.B. Schieberbauwerke) im Kanalsystem durch die zuständigen Kanalnetzbetreiber in entsprechenden Risikogebieten erforderlich sein. Das Land prüft die Installation zusätzlicher Hochwasserschieber.
Klimaänderungsfaktoren für Hochwasserverschärfungen festlegen und bei der Konzeption technischer Hochwasserschutzmaßnahmen berücksichtigen
Wie in Baden-Württemberg und Bayern sollen Klimaänderungsfaktoren für Hochwasserabflüsse verschiedener Jährlichkeit festgelegt werden. Die Anwendung und Auswertung von aktuellen Modellierungen ermöglicht mittlerweile die quantitative Abschätzung von Klimaänderungsfaktoren auch für Hessen.
Gewährleistung des Entwässerungskomforts in Siedlungsgebieten unter Klimawandel
Um den gegenwärtigen Entwässerungskomfort in Siedlungsgebieten zu erhalten, wird das Land Hessen drei Dimensionen berücksichtigen: die Schaffung von Retentionsräumen und ortsnahen Versickerungsmöglichkeiten, die Anpassung des Kanalsystems sowie die Berücksichtigung von Kanalsystemüberlastungen bei der Gestaltung der Straßen und bei der Planung von Siedlungsgebieten.
Klaus Reinhardt
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